Am 15. Februar 2024 könnte der „Demokratiebahnhof Anklam“ Geschichte sein. Dann soll nach dem Willen der Grundstücks- und Wohnungswirtschafts GmbH Anklam das Bahnhofsgebäude, in dem das mehrfach ausgezeichnete Jugend- und Kulturzentrum seit 2014 seinen Sitz hat, geräumt werden. Grund: Wegen baulicher Mängel bei Elektrik und Statik plane der Landkreis Vorpommern-Greifswald angeblich, die weitere Nutzung des Gebäudes zu untersagen. Der kommunale Vermieter hat daraufhin dem Verein gekündigt. Gegen diese Kündigung haben die Vereinsmitglieder Widerspruch eingelegt. Sie argumentieren, dass sich der Zustand des Gebäudes in den vergangenen zehn Jahren nicht wesentlich verschlechtert hätte. Bis jetzt liegt nach Angaben des Vereins auch keine offizielle Nutzungsuntersagung seitens des Landkreises vor.

„Wenn wir jetzt nichts unternehmen, sitzen die Jugendlichen Ende der Woche auf der Straße!“

Die Landtagsabgeordnete Constanze Oehlrich hat daher einen schriftlichen Appell an den Anklamer Bürgermeister gerichtet, um die drohende Schließung des Demokratiebahnhofs Anklam zu verhindern. Darin fordert sie das Stadtoberhaupt auf, gemeinsam mit dem gemeinnützigen Verein nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Oehlrich sagt: „Dieses Projekt ist von unschätzbarem Wert für die Förderung von Demokratie und gesellschaftlichem Engagement. Der Demokratiebahnhof Anklam ermutigt Jugendliche dazu, sich für Menschenrechte einzusetzen und sich aktiv an demokratischen Prozessen zu beteiligen. Es wäre unverantwortlich, dieses wichtige Angebot aufzugeben. Doch wenn wir jetzt nichts unternehmen, sitzen die Jugendlichen Ende der Woche auf der Straße!“

„Ich fordere den Vermieter auf, die Kündigung der Nutzungsvereinbarung zurückzuziehen.“

Auch an das kommunale Wohnungsunternehmen wendet sich die Landespolitikerin: „Ich fordere den Vermieter auf, die Kündigung der Nutzungsvereinbarung zurückzuziehen. Die Untere Bauaufsichtsbehörde muss das Gebäude zunächst begehen und den aktuellen Zustand prüfen. Anstelle einer kompletten Nutzungsuntersagung muss dem Demokratiebahnhof bis auf Weiteres zumindest die Teilnutzung des Erdgeschosses ermöglicht werden.“

Zugleich müssten das Projekt und der Begegnungsort langfristig gesichert werden, betont Constanze Oehlrich, die für ihre Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch Sprecherin für Demokratie ist: „Die Stadt Anklam hat es offensichtlich trotz mehrfacher Hinweise durch den Demokratieverein versäumt, Fördermittel für die Sanierung des alten Bahnhofsgebäudes zu beantragen. Die Konsequenz darf nun nicht der Rauswurf sein, sondern muss vielmehr in der zügigen Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten liegen. Hier ist auch das Land Mecklenburg-Vorpommern dringend gefordert.“ Beispielgebend könne der Torgelower Bahnhof sein, dessen Sanierung mit drei Millionen Euro unter anderem durch den Vorpommern-Fonds und LGR-Fonds gefördert wird, so Oehlrich. „Diese Projektmittel werden als ,Beitrag der Landesregierung für mehr Teilhabe, Gemeinschaftssinn und Heimatverbundenheit’ deklariert – wo könnten sie daher besser eingesetzt werden als beim Demokratiebahnhof Anklam?“